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Benedikt-Anliegen

Bergpredigt

«Ihr habt gehört, dass gesagt worden ist: Aug um Auge und Zahn um Zahn. Ich aber sage euch: Leistet dem, der euch etwas Böses antut, keinen Widerstand, sondern wenn dich einer auf die rechte Wange schlägt, dann halte ihm auch die andere hin» (Mt 5,38 f.). Um diesen Text recht zu verstehen, müssen wir uns zunächst gegenwärtig halten, dass das alttestamentliche Prinzip «Aug um Auge, Zahn um Zahn» (Ex 21,24; Lev 24,20; Dtn 19,21) keineswegs die Kanonisierung der Rachsucht ist, sondern ganz im Gegenteil das Prinzip des Rechts an die Stelle des Prinzips Rache setzen will. Der Grundsatz der Söhne Kains war (und ist!): «Siebenfach wird Kain gerächt, Lamech dagegen siebenundsiebzigmal.» Demgegenüber wird hier das Prinzip der Entsprechung aufgestellt: Delikt und Strafe müssen im Gleichgewicht zueinander stehen. Das Recht muss gewahrt werden, aber seine Durchsetzung darf nicht zur Rache entarten.

Der Berg der Seligpreisungen ist eine Erhebung am Nordrand des See Genezareth in Nordisrael. Laut Überlieferung handelt es sich dabei um den Ort, an dem Jesus die Bergpredigt gehalten hat, die mit den Seligpreisungen beginnt. Heute befinden sich auf der Erhebung ein Kloster und eine Kirche; letztere hat nach der Zahl der Seligpreisungen einen achteckigen Grundriss. Von Touristen und Pilgern wird die 1937 nach den Plänen von Antonio Barluzzi gebaute Kirche auch wegen der Aussicht über den See besucht.

Jesus lehnt das Gleichheitsprinzip als Rechtsgrundsatz keineswegs ab, wohl aber will er dem Menschen hier eine neue Dimension seines Verhaltens eröffnen. Ein isoliertes und verabsolutiertes Recht wird zu einem circulus vitiosus, zu einem Kreislauf der Vergeltungen, aus dem am Ende kein Weg mehr herausführt. Gott hat in seinem Verhältnis zu uns diesen Zirkel durchbrochen. Wir sind im Unrecht vor Gott, abgewendet von ihm in der Suche nach der eigenen Herrlichkeit und so dem Tod verfallen. Aber Gott verzichtet auf die gerechte Strafe und setzt etwas Neues dafür: die Heilung, unsere Bekehrung zu einem erneuerten Ja zur Wahrheit unserer selbst. Damit solche Verwandlung geschehe, geht er uns voraus und nimmt das Leid der Verwandlung auf sich. Das Kreuz Christi ist die reale Einlösung dieses Wortes: nicht Aug um Auge, Zahn um Zahn, sondern das Böse verwandeln durch die Kraft der Liebe. In seiner ganzen menschlichen Existenz, von der Menschwerdung bis zum Kreuz, tut Jesus und ist er, was hier gesagt wird. Er sprengt unser Nein auf durch ein stärkeres und größeres Ja. Im Kreuz Christi und nur dort öffnet sich dieses Wort und wird zu Offenbarung. In der Gemeinschaft mit ihm aber wird es zu einer Möglichkeit auch für unser eigenes Leben.

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