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Rechtfertigung – Mitwirkung des Menschen

Die Frage, wie weit wir im Heil nach dem von Gott geschenkten Anfang selbst Mitwirkende sind, wie weit wir durch die neue Kraft handeln und leben können, ja müssen oder «bloß passiv» (mere passive) sind; wie weit daher unser eigenes Tun im Gericht mitentscheidend ist und unser eventuelles Unheil von uns selbst verschuldet, aber dann auch unser Heil von uns mitverantwortet wird, also Gnadenlohn ist, ist wohl der meist umstrittene Punkt der in der Rechtfertigungslehre konkret werdenden Erlösungslehre.

Ich denke, es ist zunächst sehr wichtig, in dieser Sache groß von Gott zu denken und ihm zuzuhören, wie er uns in der Schrift anredet. Obwohl alles, was wir sind und können, von ihm kommt und von ihm ist, unser armseliges Tun immer völlig inkommensurabel zu dem bleiben muss, was er gibt, wollte er doch ein wirklicher Gott der Beziehung sein und bleiben. Er wollte nicht sozusagen allein mit sich selbst agieren, sondern uns zu echten Beziehungsträgern, zu einem echten Gegenüber mit sich selber machen. Wir sind nicht Marionetten Gottes, die gar nicht gerufen und befähigt wären, verantwortlich vor ihm zu handeln. Der Verzicht auf die Verantwortlichkeit, auf die Fähigkeit, vor Gott Verantwortung zu tragen, könnte nur scheinbar Erlösung sein. In Wirklichkeit degradiert er uns und würde damit auch Gott degradieren. Was wir sind und tun, zählt ganz real vor ihm. Er würdigt sich, trotz der Inkommensurabilität uns doch ins Mitwirken mit ihm zu rufen.

Christian Krause (l.), Präsident des Lutherischen Weltbundes (LWB), und Kardinal Edward Idris Cassidy, Präsident des Päpstliches Rates für die Einheit der Christen, bei der Unterzeichnung der Gemeinsamen Erklärung zur Rechtfertigungslehre des Lutherischen Weltbundes und der römisch-katholischen Kirche in der evangelischen Sankt-Anna-Kirche in Augsburg am 31. Oktober 1999.

Ich denke, es sei wichtig, in dieser Sache unseren Horizont auszuweiten und die Überlieferung der Ostkirche in unseren Dialog einzubeziehen, damit er nicht im Zirkel läuft. Zufällig habe ich mich in letzter Zeit etwas mit Maximus dem Bekenner […] und mit Nikolaus Kabasilas […] befasst: frühester Anfang und später Höhepunkt byzantinischer Theologie. Bei beiden ist mir der ungeheure Akzent aufgefallen, der bei ihnen auf dem Willen als dem Ort unserer Erlösung liegt, in einer Weise, die von der augustinischen Tradition her zunächst befremdlich erscheint und die doch ihr Gewicht hat und uns nachdenklich machen muss. Der Wille ist der Ort der Liebe – so zeigen sie uns – und wird von Gott durch Christus hinaufgezogen in das Geliebtsein von ihm. Und dies ist Erlösung. Aber der so von Gott erhobene Wille muss sich selbst in der Liebe festhalten und Liebe werden.

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