An dieser Stelle finden Sie ausgewählte Beiträge von Joseph Ratzinger/Benedikt XVI. zu Festen des Kirchenjahres. Zum Start der Internetseite haben wir eine Pfingstpredigt Ratzingers veröffentlicht. Die weiteren Beiträge orientieren sich am liturgischen Kalender der Kirche.
Zu „Christkönig“ dokumentieren wir eine Ansprache, die der damalige Papst beim Angelus am 22. November 2009 gehalten hat. In seiner Ansprache erklärt Benedikt XVI., warum der auf Jesus bezogene Titel „König«“ in den Evangelien so wichtig ist und einen „vollständigen Schlüssel“ zur Interpretation der Gestalt und Heilssendung Jesu bedeutet.
Liebe Brüder und Schwestern!
An diesem letzten Sonntag des Kirchenjahres feiern wir das Hochfest Christkönig, ein Fest, das erst vor relativ kurzer Zeit eingeführt worden ist, jedoch tiefe biblische und theologische Wurzeln besitzt. Der auf Jesus bezogene Titel »König« ist in den Evangelien sehr wichtig und kann einen vollständigen Schlüssel zur Interpretation seiner Gestalt und seiner Heilssendung geben. Dabei ist eine fortschreitende Entwicklung festzustellen: den Ausgang bildet der Begriff »König Israels«, von dem aus man zum Ausdruck »König des Universums, Herr des Kosmos und der Geschichte« gelangt, das heißt sehr weit über die Erwartungen des jüdischen Volkes hinaus.
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"Ecce homo" Moro, Giulio del (1573-1615), Gemälde. Venedig, S. Giacomo dell'Orio.
Im Mittelpunkt dieses Weges der Offenbarung des Königtums Jesu Christi steht das Geheimnis seines Todes und seiner Auferstehung.
Im Mittelpunkt dieses Weges der Offenbarung des Königtums Jesu Christi steht erneut das Geheimnis seines Todes und seiner Auferstehung. Als Christus gekreuzigt wird, verspotten ihn die Priester, die Schriftgelehrten und Ältesten und sagen: »Er ist doch der König von Israel! Er soll vom Kreuz herabsteigen, dann werden wir an ihn glauben« (Mt 27,42). In Wirklichkeit hat sich Jesus gerade als Sohn Gottes frei seinem Leiden ausgeliefert, und das Kreuz ist das paradoxe Zeichen seines Königtums, das im liebevollen Willen Gottvaters gegenüber dem Ungehorsam der Sünde zum Ausdruck kommt. Und gerade dadurch, dass er sich selbst im Sühneopfer hingibt, wird Jesus zum universalen König, wie er selbst erklären wird, als er den Aposteln nach der Auferstehung erscheint: »Mir ist alle Macht gegeben im Himmel und auf der Erde« (Mt 28,18).
Worin aber besteht die »Macht« Jesu Christi als König? Sie ist nicht die Macht der Könige und der Großen dieser Welt: Sie ist die göttliche Macht, ewiges Leben zu schenken, vom Bösen zu befreien, die Herrschaft des Todes zu besiegen. Sie ist die Macht der Liebe, die es versteht, Gutes aus dem Bösen zu gewinnen, ein verhärtetes Herz zu erweichen, Frieden in den härtesten Streit zu tragen, die Hoffnung im finstersten Dunkel zu entflammen.
Christus ist gekommen, um »für die Wahrheit Zeugnis abzulegen« (Joh 18,37), wie er vor Pilatus erklärte.
Dieses Reich der Gnade zwingt sich nie auf und achtet immer unsere Freiheit. Christus ist gekommen, um »für die Wahrheit Zeugnis abzulegen« (Joh 18,37), wie er vor Pilatus erklärte: Wer sein Zeugnis annimmt, stellt sich nach einem Bild, das der hl. Ignatius von Loyola gern gebrauchte, unter sein »Banner«. Jedes Gewissen also, das ist richtig, steht vor der Notwendigkeit einer Entscheidung: Wem will ich folgen? Gott oder dem Verderber? Der Wahrheit oder der Lüge?
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Sein Königtum ist nicht von dieser Welt. "Ecce homo“, Giovanni Antonio Bazzi, 1477 -1549, Siena.
Die Entscheidung für Christus garantiert keinen Erfolg nach den Kriterien der Welt, sichert jedoch jenen Frieden und jene Freude, die allein Christus schenken kann.
Die Entscheidung für Christus garantiert keinen Erfolg nach den Kriterien der Welt, sichert jedoch jenen Frieden und jene Freude, die allein Christus schenken kann. Dies beweist in jedem Zeitalter die Erfahrung so vieler Männer und Frauen, die es im Namen Christi, im Namen der Wahrheit und der Gerechtigkeit verstanden haben, sich den Verlockungen der irdischen Mächte unter ihren verschiedenen Masken zu widersetzen, bis hin zur Besiegelung dieser ihrer Treue mit dem Martyrium.
Liebe Brüder und Schwestern, der Engel Gabriel sagte Maria bei der Verkündigung voraus, dass ihr Sohn der Erbe des Thrones Davids sein und für immer herrschen werde (vgl. Lk 1,32–33). Und die heilige Jungfrau glaubte, noch bevor sie Jesus der Welt schenkte. Sie musste sich dann zweifellos die Frage stellen, von welcher neuen Art das Königtum Jesu sei, und sie verstand es, als sie seine Worte hörte und vor allem als sie zuinnerst am Geheimnis seines Todes am Kreuz und seiner Auferstehung Anteil hatte. Bitten wir Maria, auch uns zu helfen, Jesus, unserem König, nachzufolgen, wie sie es getan hat, und mit unserem ganzen Dasein Zeugnis für ihn abzulegen.
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